Wer genau degradiert gerade Cheerleader zu reinen Lustobjekt und zum Beiwerk des männlichen Sports? Jene, die sich ihre Shows bei Sportevents gerne ansehen, ihnen zujubeln und sie tatsächlich auch noch attraktiv finden?
Oder jene, die beim Anblick schöner jungen Frauen, die in knapper Kleidung freiwillig und mit Begeisterung vor klatschendem Publikum ihrem Sport nachgehen, nichts anders zu erblicken vermögen, als halbnackte Opfer männlicher Sexualphantasien?
Ich bin gerade verwirrt, denn die Argumentationen, die sich derzeit ins feministische Korrektheits-Nirvana hochschrauben sind widersprüchlich.
Cheerleading soll nicht mehr zeitgemäß sein
Klar ist nur, Cheerleader sind aktuell die neuentdeckten Sexobjekte im Sport, das muss sofort unterbunden werden, ich bin sicher der Jugendschutz ist auch gefährdet. Eine neue #metoo-Welle rollt an. Nicht auszudenken, was los wäre, würden alle Cheerleader Deutschlands ihr Publikum anzeigen, man habe ihnen beim Tanzen unter den Rock geschaut.
Der Basketball Verein “Alba Berlin” lässt ab sofort seine Cheerleader, die Alba Dancers, nicht mehr bei den Basketball-Spielen wie bisher in den Pausen aufspielen. Das Ganze im Namen der Gleichberechtigung und zur Vermeidung des Transportes eines falschen Frauenbildes. Cheerleading als “attraktiver Pausenfüller” für die Basketball-Spiele der Männer sei nicht mehr zeitgemäß. Gut, immerhin gesteht man noch ein, dass es nicht einer gewissen Attraktivität entbehrt. Aber man will stattdessen basketballspielende Frauen gleichberechtigt in den Fokus der Öffentlichkeit bringen.
Das lässt nun mehr Fragen offen, als es auf den ersten Blick beantwortet, denn was genau ist denn nicht zeitgemäß? Dass die Frauen sexy gekleidet sind und somit hübsch anzusehen? Oder ist es die Tatsache, dass sie nur als „Pausenfüller“ bei den Männer-Spielen auftreten? Was wäre, wenn sie in den Pausen der Frauen-Spiele auftreten, wäre es dann in Ordnung, und was ist, wenn sich Frauen am Anblick der Mädchen erfreuen, ist das dann ok, oder ist nur das lüsterne Gaffen mitteleuropäischer Männer problematisch?
Cheerleading ist ein knallharter Sport, eines meiner Nachbarsmädchen betreibt es mit großer Intensität und Freude. Die Mädchen und jungen Frauen sind unglaubliche Akrobatinnen, haben stahlharte Muskeln und grandiose Ausdauer. Ach ja, und Spaß haben sie übrigens auch. Sie treten bei Wettkämpfen und Meisterschaften an und wenn sie bei Sportevents ihr Können zeigen dürfen, sind sie stolz auf den Applaus. Die ersten Cheerleader, die ich selbst live im Stadion gesehen habe, seilten sich von der Decke des Stadions unter Feuerwerk runter aufs Spielfeld ab und zeigten eine bombastische Show. Es war Anfang der 2000er Jahre in Düsseldorf.
Die Landeshauptstadt von NRW leistete sich damals mit “Rhine Fire” ein professionelles American Football-Team nebst Cheerleadern, den “Pyromaniacs”. Die Ladies trugen ihren Namen zu Recht, sie waren heiß. Es gab einen großen Zulauf unter den Bewerberinnen, man musste durch harte Auswahlverfahren, um einen Stammplatz im Team der Tänzerinnen zu bekommen. Irgendwo in einer Kiste im Keller besitze ich noch den original Pyromaniacs-Fotokalender der heute wahrscheinlich sämtlichen Vertreterinnen der neuen Feminismus-Prüderie Atemnot bescherten. Seit dem Wochenende wissen wir nämlich, dass es Frauen degradiert, wenn Männer den Sport machen, und Frauen “nur” die Pausenunterhaltung geben.
Seehofer schaltete sich ein
Damals wussten wir das noch nicht, da lief das unter “grandiose Show”. Hoffentlich verrät das keiner den Amerikanern. Dort sollen Jennifer Lopez und Shakira beim nächsten Super-Bowl die berühmte Halftime Show bestreiten. Nicht, dass Jennifer Lopez absagt, weil ihr eine deutsche Feministin steckt, sie sei in Wahrheit nur ein Pausenclown des Männersports.
In Deutschland hat sich Horst Seehofer persönlich bereits in die Debatte eingeschaltet, es ist also ernst! Er plädiert für mehr gemischte Cheerleading-Teams, wegen Gleichberechtigung und so. Gemischte Cheerleading-Teams verstünden es durchaus auch, zu begeistern und “das würde auch viel stärker unsere Gesellschaft und die Zusammensetzung der Fans abbilden”, sagt der CSU-Sport-Experte.
Nun, wenn es danach ginge, müssten auch ein paar Hässliche, ein paar Dicke, große Anteile Unsportlicher, ein paar Rollstuhlfahrer, ein Schalke-Fan und unbedingt eine schwarze Transfrau in den Kader aufgenommen werden. Diversity ist ja ganz wichtig.
Feminismus und Islamismus kommen sich am nächsten
Darum geht es im Kern aber gar nicht. Kein Mensch möchte Cheerleader sehen, die den Querschnitt der Gesellschaft abbilden. Wer ins Ballett geht, tut dies auch nicht. Spitzensport definiert sich per se dadurch, dass die Besten einer Fertigkeit sich miteinander messen und nicht Lieschen Müller gegen den biertrinkenden Hooligan tanzt. Es ist in Wahrheit die aufreizend gekleidete, hübsche junge Frau, die von der Bildfläche entfernt werden soll. Sie ist der ständige Affront einer feministischen Bewegung, die vor allem mit einem nachweislich schon immer ein Problem hatte: Der freiwillig zur Schau gestellten Weiblichkeit.
Es ist die offene Bluse. Das Dirndl-Dekolleté. Der Bikini. Die Hotpants, die High Heels und der Minirock. Man könnte formulieren: Es ist der Punkt, an dem sich Feminismus und Islamismus am nächsten kommen. Beide ertragen es nicht, wenn Frauen selbst entscheiden, wieviel Haut sie öffentlich zeigen, wie sie ihre Reize einsetzen oder dass sie sich gar dazu entscheiden, diesen Vorgang nicht als Unterdrückung, sondern als Emanzipation zu betrachten. Der einzige Unterschied ist nur: Im Feminismus zensieren Frauen, im Islamismus tun es nach wie vor die Herren.
Der Beitrag erschien zuerst auf Focus Online.